Zum Auftakt des Internationalen Klimagipfels in Scharm El-Scheich mahnt Misereor, die am intensivsten vom Klimawandel Betroffenen endlich ausreichend vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen. Die Hauptverursacher müssten einen Schutzschirm aus Klimaschutz und Anpassungsfinanzierung aufspannen und die Verantwortung für nicht mehr vermeidbare Schäden und Verluste übernehmen, fordert das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit.
„Der Klimaschutz fällt hinter weiteren drängenden Krisen zurück und die Finanzmittel zur Anpassung an die verheerenden Folgen der Erderhitzung sind völlig unzureichend“, sagt Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. Sie liegen weit unter dem Bedarf und den gemachten Versprechen beim Pariser Klimagipfel. Von den versprochenen 100 Milliarden Dollar im Jahr für Klimaschutz und Anpassung wurden bisher insgesamt 82 Milliarden bereitgestellt. Gerade einmal 20 Prozent davon fließen in Klimahilfen, die Menschen dabei unterstützen, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, - die betroffenen Gemeinschaften vor Ort erhalten selbst davon nur einen geringen Teil.
„Unter diesen Bedingungen dreht sich die Krisenspirale ungebremst weiter. Wir erleben mit unseren Projektenpartnern, dass vielerorts die Grenzen dessen erreicht sind, was zu bewältigen ist“, verdeutlicht Spiegel. Ein Beispiel ist Nigeria, wo derzeit 20 Millionen Menschen nach verheerenden Überschwemmungen humanitäre Hilfe benötigen.
Spiegel fordert: „Es ist dringend nötig, dass sich die Hauptverursacher der Klimakrise jetzt an der Verantwortungsübernahme für nicht mehr vermeidbare Schäden und Verluste stärker beteiligen.“ Diesbezügliche Bemühungen von Staatssekretärin Jennifer Morgan werden von Misereor ausdrücklich befürwortet: „Nun müssen diese Zusagen von der ganzen Bundesregierung umgesetzt werden“, sagt Misereor-Klimaexpertin Anika Schroeder. Der Schutzschirm sei zudem nur stabil, wenn die Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzt wird. Dieses Ziel müsse zur globalen Priorität staatlichen und unternehmerischen Handelns werden, so Schroeder.
Es bleiben nur wenige Monate, um weltweit den zerstörerischen fossilen Entwicklungspfad zu verlassen. Misereor fordert Kanzler Olaf Scholz daher auf, das auf der COP 26 in Glasgow gemachte Versprechen einzulösen: Bis zum Ende dieses Jahres muss die internationale Finanzierung für fossile Energieträger beendet werden. „Wir erwarten von der Bundesregierung, sich für eine konsequente nationale und globale Energiewende einzusetzen. Wer Klimaschutzversprechen verkündet und gleichzeitig Gas-Deals aushandelt, fördert auch gegenüber afrikanischen Regierungen eine Entwicklung von Gestern”, sagt Misereor-Energiereferentin Madeleine Woerner.
Die Förderung fossiler Rohstoffe führt weltweit zu Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen. Besonders sichtbar ist dies im Gastland der COP27 selbst – potenzieller Lieferant von Erdgas für Europa: Von willkürlichen Verhaftungen politischer Aktivist*innen wurde berichtet. „Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass Menschen frei ihre Meinung äußern können und auch nach der COP27 keine Repressionen fürchten müssen“, macht Hauptgeschäftsführer Spiegel deutlich.
Misereor nimmt seit 2007 an den internationalen Klimaverhandlungen teil. Auch in diesem Jahr unterstützt das Werk für Entwicklungszusammenarbeit die Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen aus dem Globalen Süden auf der COP27. Die Partnerorganisationen arbeiten mit besonders von der Klimakrise betroffenen Menschen und setzen sich in ihren Ländern für erneuerbare Energien, gerechte Klimastrategien und eine menschenrechtsbasierte Klimapolitik ein.